Menü

Wissen um analoge Techniken befruchtet digitale Zeichenpraxis.

Workshopleiterin Maria Kyrou erklärt den Workshopablauf und den Umgang mit GravitySketch.
Illustrative Aufwärmübungen
Mittels unterschiedlicher Techniken erstellen die Studierenden analoge Skizzen, die später digitalisiert werden.
Die analogen Zeichnungen und Skizzen werden mithilfe eines iPads digitalisiert, um damit in VR weiterzuarbeiten.
Die Studierenden erkunden den vorbereiteten Virtual Reality Lehrraum.
Experimente mit GravitySketch mit integrierten analogen Skizzen.
Während eine Gruppe Studierende an ihren analogen Skizzen arbeitet, experimentieren ihre Kolleg*innen mit ihren Arbeiten in VR.
Die Studierenden experimentieren mit ihren digitalisierten Skizzen in der VR Umgebung.

Fluid Trajectories: Eine Verschmelzung von analogem & virtuellem Skizzieren

Wann

9. November 2023

Wo

Fakultät Gestaltung der UdK Berlin, Straße des 17. Juni 118

Lehrende

Maria Kyrou

Art/Umfang

halbtägiger Kurzworkshop

Studierende/Studiengänge

15 Studierende aus dem Studiengang Modedesign

Beteiligung InKüLe

Konzeption & Durchführung und Auswertung des Workshops, Bereitstellung von iPads und VR-Ausrüstung (InKüLe VR-Kit) studentische Mitarbeiter (Joel Tenenberg, Aron Petau) als Tutoren

Text

Sabine Huschka, Maria Kyrou

Kontext und Lernziele

Der Workshop Fluid Trajectories gab eine Einführung in VR-Skizziertechniken in Verbindung mit analogen Methoden des Zeichnens. Im Mittelpunkt standen das Experimentieren mit beiden Techniken und ihren gegenseitigen Übertragungsmöglichkeiten, wobei keinem der beiden medialen Zeichnungsarten ein Vorzug gegeben wurde. Die praktische Auseinandersetzung galt vielmehr, organische Übergänge zwischen den Medien zu erkunden und beide miteinander zu einer kreativen Praxis zu verweben: ein fließend, medienübergreifender Lehrzugang im Sinne der Schaffung von Fluid Trajectories.

Im Kontext der von InKüLe durchgeführten sessions_vr – ein spielerisch-prozess­orientiertes Format zur Erlernung und dem Experimentieren mit VR-Anwendungen – fokussierte sich der Workshop Fluid Trajectories auf mediendidaktische und technologische Fragen und Aspekte zum gestalterischen Arbeiten in Ateliers. Hierzu wurden bereits erarbeitete kreative und pädagogische Lernaspekte für die studentische Ausbildung in Zeichentechniken ausdifferenziert. Auf Einladung von Prof. Franziska Schreiber im Studiengang Modedesign war der Workshop an die Zeichenklasse ihrer Tutorin Xenia Fink angegliedert, in der ansonsten ausschließlich analoge Gestaltungsmedien im Mittelpunkt stehen.

Für die Erkundungen des Workshops zur Auslotung sinnvoller Verbindungen zwischen analogen und virtuellen Skizziermethoden standen der Konzeption des Workshops folgende Fragestellungen voran: Welche bereits erworbenen Wissensformen in analogen Techniken wie Malen, Illustrieren oder Skizzieren können sinnvoll in ein digitales Lernfeld wie der Gestaltung von Virtual Reality einfließen und wie können analoge Handlungskompetenzen aktivierend genutzt werden? Welche Prozesse der Übertragung, Formen der Transkription und des experimentellen Erkundens schaffen eine produktive Beziehung zwischen analogen und digitalen Gestaltungstechniken?

Inhalt und Lernformat

Vor dem Hintergrund dieser Fragestellungen initiierte der Workshop einen intensiven Lernprozess der aktiven Auseinandersetzung und Bezugnahme analoger und digitaler Gestaltungsfragen, Konzepte und Denkweisen. Ziel war vor allem, das für viele Studierende noch unbekannte VR Medium vertraut zu machen und als integriertes Werkzeug in den Arbeitsprozess dergestalt einzubinden, dass es als eine gleichwertige mediale Technik des Skizzierens erfahrbar wird.

So setzte der Workshop mit einer Vorbereitungsaufgabe ein, sozusagen eine illustra­tive Aufwärmübung. Die Studierenden wurden gebeten, einen ersten Entwurf für ein Kleidungsstück oder einen Gegenstand zu erstellen, mit dem sie sich während des Workshops näher beschäftigen wollen. Hierbei konnte es sich um ein Projekt handeln, an dem sie im Rahmen ihres Studiums bereits arbeiten, oder um etwas anderes Spekulatives. Über ein individuelles, eigenes und damit selbst definiertes Erkundungsthema sollte das Eigeninteresse der Studierenden gestärkt werden. Begleitet war diese Aufgabenstellung durch eine Beispieldatei, die verschiedene Werkzeuge und mediale Gestaltungsformen als konkrete Vorschläge versammelte und gezielt unterschiedliche kreative Medien wie etwa Bleistift- oder Tuscheskizzen, Mikroskop-Aufnahmen oder digitale Zeichnungen zusammenführte. Auf diese Weise wurde von Beginn an das Ineinandergreifen verschiedener kreativer Werkzeuge initiiert. Die Studierenden wurden dabei ermutigt, die Übung mit dem von ihnen bevorzugten (analogen oder digitalen) Medium durchzuführen und eigene mitgebrachte Zeichenwerkzeuge zu benutzen.

Mediale Integration von unterschiedlichen Techniken und gestalterischen Fähigkeiten

Für den weiteren Workshop-Verlauf wurde die Beispieldatei in einen Virtual Reality Lernraum umgewandelt und eröffnete als konkretes Beispiel einen Blick auf mögliche gestalterische Transferprozesse von analogen und digitalen Gestaltungswelten. Hierzu verwendeten wir die VR-Anwendung Gravity Sketch und stellten den Teilnehmer:innen deren verschiedene Funktionen und Werkzeuge im virtuellen Lernraum vor. Besonders interessant waren dabei die Gestaltungsoptionen zur Modellierung komplexer organischer Formen, die mit anderen analogen oder digitalen Zeichenmedien viel schwieriger zu definieren sind. Zudem konzentrierte sich der Workshop auf die Möglichkeit, handgezeichnete Illustrationen in VR als virtuelle Texturen und formgebende Elemente zu verwenden.

Der Workshop-Prozess war durch eine Reihe von Experimenten strukturiert, die sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt kontinuierlich weiterentwickelt wurden.Mit Hilfe der iPads haben wir hierzu einen einfachen Arbeitsablauf zu Grunde gelegt, der es den Studierenden ermöglichte, ihre Skizzen aus dem analogen Skizzenbuch unkompliziert in den virtuellen Lernraum zu übertragen. Der geschaffene virtuelle Raum konnte über VR-Headsets betreten werden und war zugleich über eine große Wandprojektion im physischen Raum einsehbar, womit beide Welten räumlich miteinander verwoben waren. Der Workshop-Tag endete mit einer Reflexionsrunde, um die gemeinsamen Erkundungen in beiden Welten zu teilen und zu überdenken.

Mediendidaktische Reflexion

Entfaltung kreativen Potenzials & eine Kultur der crossmedialen Serendipität

Mit der Ausrichtung des Workshops, eine Art von Verschmelzung von Technologien und Techniken begreifbar und erfahrbar zu machen, konnten die Studierenden ihre bereits erworbenen Fertigkeiten und Handlungskompetenzen neu entdecken. Sie erfuhren, wie sie ihr verkörpertes Wissen und ihre bereits vorhandenen Fähigkeiten durch das neue Medium des VR-Sketchings aktivieren können. Während des Workshops wurde dies besonders beim Experimentieren mit kreativen Gesten sichtbar. Beim Zeichnen in VR waren die Studierenden vor allem von der oft unverhofften und überraschenden Art und Weise fasziniert, wie analoge Texturen als virtuelle Form erscheinen und gestaltet werden können. Der eigene Umgang mit dem VR-Tool konnte direkt durch Akte der Transkription beeinflusst werden und es entstand eine Art VR-Dialog mit verschiedenen Formen handgezeichneter Motive. Einige Studierende nutzen diese Erfahrung rückwirkend für Gestaltungsprozesse in der analogen Welt. Inspiriert von ihren Bewegungsexperimenten in der VR Anwendung begannen sie anhand der geschaffenen visuellen Ergebnisse mit eigenen Körperbewegungen zu experimentieren.

Experimente und Beobach­tungen mit VR sorgten medienübergreifend für überraschende Perspektiven!

Der Workshop arbeitete mit der VR-Welt als Experimentier- und Beobachtungsfeld und förderte eine Lernkultur der kreativen Auseinandersetzung mit dem Analogen und dem Virtuellen. In der abschließenden Reflexionsdiskussion wurde das Potenzial des VR-Skizzierens für Prozesse der Formgenerierung positiv hervorgehoben wie auch die Möglichkeit des Mediums, komplexe formale Ideen zu visualisieren, zu teilen und zu evaluieren. Zugleich wurde das Gefühl der Ungenauigkeit im Vergleich zu herkömmlichen 3D-Modellierungstools als fruchtbarer Umlern-Prozess beschrieben. Die Verwendung handgezeichneter Texturen in einer virtuellen Umgebung trug wesentlich dazu bei, sie dreidimensional zu begreifen und zugleich einer tradierten und herkömmlichen Ästhetik, wie sie sonst technologischen Medien eigen ist, zu entgehen. Die Tutorin Xenia Fink, zugleich aktive Teilnehmerin im Workshop, beschrieb den Umgang mit dem neuen Werkzeug als einen willkommenen Akt der Öffnung, der jeden Studierenden zur eigenen Interpretation von Gestaltungsaspekten einlädt und eine Kultur der kreativen Entdeckung durch Zufallsmomente schuf, in der ursprünglich nicht gesuchte Aspekte eine Bedeutung erhielten.