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Im Workshop wurden digitale Tools praktisch angewendet und kritisch reflektiert.
Einführungen in 3D Scanning, volumetrische Videoaufnahmen und Gestaltung von VR Welten
Reflexionsimpulse befragten veränderte Materialität und künstlerische Prozesse mit digitalen tools
Video von Kathrin Hunze: Eindrücke aus dem Workshop mit Studierenden-Experimenten und ihren Ergebnissen
Beim gleichzeitigen Scannen mehrerer Körper entstanden abstrakte Figuren mit 2 Köpfen und 4 Armen.
Mit dem iPad wurden Bewegungen als Volograms aufgenommen

Welche künstlerischen Möglichkeiten eröffnen digitale Werkzeuge?

Niedrigschwellige Technikanwendung ermöglichte Spaß beim Arbeiten – ein wichtiger Teil des Prozesses
Die gestalteten immersiven Realitäten der Studierenden können mit VR-Brille erlebt werden.

Capturing Immersive Narratives: Reflexionen

Wann

22.–25. Mai 2023

Wo

Fakultät Gestaltung der UdK Berlin, Straße des 17. Juni 118

Lehrende

Kathrin Hunze, Mariam Rafehi und Franziska Schreiber

Art/Umfang

zweitägiges Seminar (à 8 Std./Tag)

Studierende/Studiengänge

24 Studierende aus den Studiengängen Modedesign und Kostümbild

Beteiligung InKüLe

Didaktische Konzeption, Technologische Expertise und Ausstattung, finanzielle und administrative Unterstützung

Begleitet / reflektiert von

Mariam Rafehi

Lektorat

Sabine Huschka

Der Workshop als Reflexionsraum

Die Digitalisierung eröffnet für die Künste veränderte Formen der ästhetischen Arbeitsweise, des Ausdrucks und des künstlerischen Selbstverständnisses. So liegt es nahe, gerade in der Künstlerischen Lehre, Formen des Austausches und der kritischen Reflexion zu integrieren, die  digitale Transformationsprozesse in Gesellschaft, Kultur und Kunst be- und hinterfragen. InKüLe hat sich zur Aufgabe gemacht, gerade solche Arbeitsansätze der Reflexion und Interaktion zwischen Lehrenden und Studierenden zu fördern und zu erkunden.

Im Rahmen des zweitägigen Seminars „Capturing Immersive Narratives“ an der Fakultät Gestaltung standen Reflexionen über Veränderungen künstlerischer Prozesse durch den Gebrauch verschiedener Technologien – 3D Scanning, volumetrisches Video und Virtuelle Realität (VR) – im Mittelpunkt. Konzipiert von Kathrin Hunze und Franziska Schreiber gemeinsam mit der Mediendidaktik von InKüLe wurden Studierende in einen Workflow zur Gestaltung immersiver Narrative geführt und ihnen ausgewählte digitale Technologien schrittweise nahegebracht. Ein impulsgebender Fragenkatalog zum Nutzen digitaler Werkzeuge und ihrer Veränderungen für künstlerische Gestaltungsaspekte begleitete das Seminar und lud die Studierenden ein, ihre Gedanken, Ideen und Erfahrungen in Form von Sprachnachrichten in Telegram oder Diskussionsrunden zu teilen. Der Fragenkatalog thematisierte vor dem Hintergrund künstlerischer Gestaltung im Umgang mit Materialität, Subjekten und Räumen Übersetzungsprozesse von analogen Objekten, Personen und ihrer Bewegungsformen in digitale Artefakte. Mit diesen Transformationen gehen geradezu empfindliche materielle Veränderungsprozesse einher wie auch veränderte körperliche Erfahrungswerte, die dem digitalen Raum von VR zu eigen sind. Veränderungsprozesse dieser Art markieren für das Künstlerische Lehren und Lernen geradezu den Kern ihrer Auseinandersetzung mit Digitalität.

Wie verändern digitale Werkzeuge den Umgang mit Materialität?

Erkundung des digitalen Werkzeugs

Das Seminar galt thematisch der Gestaltung von alternativen Realitäten und immersiven Narrativen und führte Studierende mit niedrigen oder keinen Vorkenntnissen an drei innovative Technologien heran – 3D Scanning, volumetrisches Video und VR. Mit den Aufnahmen von Objekten durch 3D Scanning und von Bewegungen durch volumetrische Videos entstand eine Sammlung digitaler Artefakte, die von Studierenden manipuliert und kuratiert im digitalen Raum zusammengesetzt wurden. Es entstanden virtuelle Welten, die mit der Software Unity 3D erarbeitet, als 360º-Videos aufgenommen und in einem Web-basierten VR-Raum von Mozilla Hubs ausgestellt wurden. Die Studierenden konnten diese Räume mit einer VR-Brille betreten und ihre Gestaltungsergebnisse betrachten und erleben.

3D Scanning

Aufgeteilt in Gruppen von 3 bis 4 Personen erlernten die Studierenden in niederschwelligen Lernschritten den Einsatz der iPads und der Polycam App und konnten mit ihnen experimentieren.

Den Arbeitsprozess der 3D Scans reflektierten die Studierenden in einem weiteren Arbeitsschritt hinsichtlich der vollzogenen Veränderungen analoger Objekte durch das digitale Werkzeug und besprachen auftretende Hindernisse im Arbeitsprozess selbst ebenso wie eröffnete andere Gestaltungsmöglichkeiten für ihre jeweiligen Studienfächer. So beschrieb eine Studierende den 3D Scan als „Papieroberfläche“ und beurteilte ihn klar als einen Entfremdungsvorgang weg vom haptischen Erleben. Gleichzeitig fassten mehrere Studierende aus dem Studiengang Modedesign die Oberflächentextur der 3D Scans – flach ausgelegt – als Schnittmuster eines Objekts auf und entwickelten Ideen zur analogen Weiterbearbeitung.

„Ich möchte so eine Textur von einem 3D gescannten Körper flach drucken und dann guckt man welche Formen herauskommen und ob man die als Schnittmuster wieder an den Körper bringen kann… Ich werde es auf jeden Fall ausprobieren.“

Der Umgang mit dem digitalen Werkzeug führte also zu einer Neubetrachtung der Realität und erschloss kreative Möglichkeiten:

„Am spannendsten glaube ich ist es, die Realität in Stücke zu schneiden, sozusagen mit einer virtuellen 3D Schere und dann vielleicht diese Stücke in neuem Kontext zu betrachten.“

„Wenn man Dinge einscannt und dabei Fehler entstehen, ermöglichen diese Fehler neue Blickwinkel auf das Objekt.“

Studierende empfanden die Möglichkeit, „Glitches“ und damit neue Figuren mit unmöglichen Körpern (z.B. mit zwei Köpfen und sechs Armen) zu basteln, besonders interessant. Zugleich kritisierten sie, dass der Übersetzungs- bzw. technologische Herstellungsprozess, Analoges ins Digitale zu überführen, in den Programmen selbst nicht einsehbar und nachvollziehbar ist und es somit nicht deutlich wird, wie gescannte Daten verarbeitet zu neuen Strukturen finden.  

Volumetrisches Video

Die Kritik an der auffälligen „Black Box“-Eigenart digitaler Tools und ihrer Apps/Programme verstärkte sich in der nächsten Arbeitsphase, die sich dem Erstellen volumetrischer Videos mittels iPad und der Vologram App zuwandte. Mit dem Programm Vologram lassen sich Bewegungen und Körper als 5-Sekunden-Videos aufnehmen, die durch eine KI bearbeitet in 3D Videoskulpturen umgewandelt werden können.

„Normalerweise habe ich einen relativ guten Überblick darüber, was ich benutze, in welcher Menge, was es bedeutet … hier sehe ich nur, dass es eine riesige Datenmenge ist, mit der irgendwas passiert – das habe ich nicht unter Kontrolle und dann kommt es wieder und sieht irgendwie aus.“

„Die KI generiert ja einfach noch die fehlende Fläche, die man in der Aufnahme nicht sehen kann und dadurch arbeitet man mit der KI in einem kreativen Prozess zusammen.“

Die generierten automatisierten Zufallsergebnisse der digitalen Bearbeitung durch KI reflektierten die Studierenden im Spannungsfeld zwischen eines erlittenen Kontrollverlusts und einer unerwartet interessanten Neubetrachtung ihrer kreativen Arbeit.

Immersive Welten für VR bauen

Nachdem die Studierenden mehrere Aufnahmen von Objekten und Bewegungen erstellt hatten, konnten sie diese im virtuellen Raum zu immersiven Welten und neuen narrativen Erlebnissen formen. Um die technische Anwendung für Anfänger niederschwellig zu halten, arbeiteten die Studierenden mit einem Template von Unity 3D, in dem Interaktionen wie etwa Bewegungen des Umschauens bereits vorprogrammiert sind. Die erstellten virtuellen Welten wurden in einem weiteren Arbeitsschritt als 360°-Videos aufgenommen und exportiert, um so zu schnellen und technisch-unaufwändigen Ergebnissen zu kommen. Die leichte Handhabung des digitalen Werkzeuges bot den Studierenden Freiraum und Spaß fürs Experimentieren. So wurde es möglich, sich entspannt und engagiert den Reflexionsfragen zuzuwenden, anstatt von der Technik und seiner Benutzung frustriert zu sein. Ein Student merkte auch an: „man kann sich in den Spielereien verlieren.“  

Mehrere Studierende empfanden die schnelle und relativ einfache Erstellung von digitalen Räumen als zeitsparende Möglichkeit etwa in der Bühnenbild-Planung, womit das aufwendige Verfahren des Modellbaus ersetzt werden könnte. Virtuelle Räume galten den Studierenden zudem als eine kreative Möglichkeit, ihre eigenen Ideen und Entwürfe im Studium für Lehrende aber auch für potentielle Kollaborationspartner.innen oder Zuschauer:innen lebendig werden zu lassen.

„Wenn wir ein Konzept präsentieren müssen wäre es voll interessant, es in einer 3D-Welt zu präsentieren – da kommt es mehr zum Leben. Man hat sich mit etwas für 3 Monate beschäftigt und im Kopf ist es super lebendig aber real nicht“

Die im Seminar entstandenen immersiven Welten sind in einem Online-begehbaren Raum auf Mozilla-Hubs ausgestellt und können via Computer oder VR-Brille besucht werden: https://hubs.mozilla.com